Bullys sind sehr gerne bewegungsfreudige, bewegliche Hunde.

Dies setzt ein stabiles Skelett mit vernünftigem Körperbau und gute Kondition voraus. 

  

 

Wir werden immer wieder mit den fadenscheinigen Argumenten der Züchter konfrontiert, dass der Erbgang der Keilwirbel nicht genau feststeht. Dass Keilwirbel erblich sind ist Fakt! Ebenso, dass die Rasse rezessiv massiv belastet ist und vermutlich ohne Einkreuzung einer Fremdrasse nicht dauerhaft von Keilwirbeln durch Selektion  "geheilt" werden kann. Hier entfacht sich ein abstruser Wettkampf unter den Züchtern, wer die keilwirbelfreiesten Tiere hat und oft vergisst man das Gesamtpaket und Balance der Hunde zu betrachten. Panisch werden gesunde Hunde mit wertvollem Erbpotential selektiert, weil sie wenige Veränderungen in der Brustwirbelsäule haben. Dies ist das eine Extrem der Keilwirbelproblematik, die den Hund, aber auch das Denken der Züchter betrifft.

Ebenfalls benutzt man gerne das Argument, dass aus guten Wirbelsäulen auch schlechte entstehen können, und aus schlechten eben auch gute. Hier vergleicht man gerne die Keilwirbelproblematik mit der HD. Und diese weit hergeholten und wissenschaftlich nicht belegbaren Argumente werden dann gerne als Alibi für die Verpaarung mit stark deformierten Wirbelsäulen genutzt. In einigen Kreisen zählt man bloß die Keilwirbel und ignoriert andere Missbildungen, andere graduieren die Wirbelsäulen lediglich, ignorieren aber den tatsächlichen Krankheitswert und verpaaren munter nach Gefühl und ohne große Sachkenntnis.

 

Hier Bilder von Nachzuchtuntersuchungen mit erfreulichen Ergebnissen, die zeigen, dass ein gewissenhaft gezüchteter Bully auch von innen durchaus wie ein normaler Hund aussehen kann!

 

 

j

 

Eine gesunde Rückenlänge kann die Gefahr der Missbildungen der Wirbelkörper deutlich herabsetzen.  Hier sind die Unterschiede anhand von zwei gleichaltrigen Junghunden gut zu erkennen.

 

 

Veränderung von Wirbelkörpern:
Der lateinische Ausdruck Hemivertebrae ist korrekt mit dem Begriff Halbwirbel übersetzt.
Aus wissenschaftlicher Sichtweise sind Keilwirbel deutliche Deformationen der Wirbelkörper, die tatsächlich keilförmig ausgeprägt sind. Deformationen, wie einseitige Abflachung der Wirbelkörper, die dennoch einen Stabilisitätsverlust der Wirbelsäule bedeuten und Folgeverformungen benachbarter Wirbel verursachen können, werden daher, je nach Gutachter oder Tierarzt oftmals als "keilwirbelfrei" bewertet.



Keilwirbel Th 8 mit Folgeverformung des Nachbarwirbels Th 9

 

Viele kritisieren uns, weil wir auch mit Keilwirbeln züchten. Der folgende Vergleich soll deutlich machen, dass die Definition Keilwirbel alleine noch gar keine Aussage über die Stabilität und den Krankheitswert der Wirbelsäule aussagt. Drei Keilwirbel können eine Katastrophe für den Hund sein, wenn sie extrem stark ausgeprägt, verschoben sind und an den empfindlichen, stark beweglichen Stellen der Wirbelsäule sitzen, beispielsweise im Übergang oder der Lendenwirbelsäule. Drei Keilwirbel können aber auch die Stabilität der Wirbelsäule kaum beeinflussen und als moderate Veränderungen für die Zucht akzeptabel sein. Weiterhin kommt es auf weitere Veränderungen wie Kissings Spines, Spondylosen und auch gut ausgebildete Rutenwirbel an. Eine befundfreie Hüfte, gute Winkelung und ausgeglichene Balance ist für die Gesundheit der Hunde sicher noch wichtiger als wenige leichte Deformationen der vorderen Wirbelkörper, die man auf dem Röntgenbild monieren kann, die aber keine klinische Relevanz für den Hund aufzeigen.

Daher folgender auch für Laien gut verständliche Bildervergleich. Es wäre gut möglich, dass beide Hunde eine Beurteilung "3 Keilwirbel" von verschiedenen Ärzten bekämen, daher ist es so extrem wichtig, für Käufer und auch Züchter immer das Röntgenbild passend zu einer Bewertung zu bekommen.

Darüber hinaus zählt natürlich auch die Erbstärke der Hunde und nicht nur die Auswertung, auch hier gibt es die unterschiedlichsten Erfahrung von gutem Vererber und Verderber. 

 

Angesichts der durchaus berechtigten, aber sehr mühsamen und gerne einseitig argumentierten Qualzuchtdiskussion ist es wichtig, auch mal erfreulichere Röntgenbilder zeigen zu können.

Vielversprechendes Röntgenbild eines 11 Wochen alten Bullys

 

Es folgen Röntgenbilder von moderaten Bully-Wirbelsäulen, die den Hund wohl nicht beeinträchtigen werden. Wir sehen die leider noch rassetypischen Veränderungen in Form von Keilwirbelbildung, aber auch die mögliche Verbesserung durch Zuchtmanagement und die leider viel zu selten dargestellten gut ausgeprägten Wirbel in der Rute. Man muss aber auch deutlich daran erinnern, dass jeder Hund jeder Rasse Veränderungen der Wirbelsäule aufzeigt. Die perfekte Wirbelsäule gibt es nicht. Die genetisch bedingte frühzeitige Veränderung der Bandscheiben ist ein viel größeres Problem und führt letztendlich sehr viel öfters zu schwersten neurologischen Ausfällen und nötigen Operationen. Natürlich begünstigen hier Keilwirbel an den kritischen Stellen wie Übergang Brust- auf Lendenwirbelsäule sowie die Lendenwirbelsäule selber den Verlauf.

Lieber Welpenkäufer, vergleichen Sie die folgenden Bilder mit den Auswertungen der Elterntiere ihres Wunschbullys! Eine Zuchttauglichkeitsprüfung alleine garantiert keine stabile Wirbelsäule!

Uns liegen etliche Röntgenbilder von mittel- bis hochgradig deformierten Wirbelsäulen vor, die mit dem zweifelhaften Titel "KEILWIRBELFREI" geadelt wurden und natürlich die Zucht der Bullys mit absehbaren schmerzhaften Folgen für die geborenen Tiere bereichern. Daher möchten wir für alle, die die mögliche Normalität der Wirbelsäule verdrängen noch einmal akzeptable Wirbelsäulen mit geringradigen Veränderungen zeigen und dringend darauf hinweisen, dass dies bei vernünftiger Diagnostik und Verpaarung auch bei dieser stark belasteten Rasse möglich ist. Freund Hund wird ihnen ein Leben lang dankbar sein!

Mutter, FCI Deutschland:

 

Kind 1:

Kind 2:

 

Bilder von nicht so glücklichen Bullykindern mit deutlicher Keilwirbelproblematik finden Sie in unseren Rubriken Röntgen  und Anatomie.

 

Für den direkten Vergleich zu den gezeigten stabilen Wirbelsäulen, hier eine kurze Hündin aus der FCI Holland mit Keilwirbelbildung, Deformationen im Übergang Brust-/Lendenwirbelsäule, Fragmenten und Zubildungen unterhalb der Wirbel, Verkürzung der Wirbel, zusammen gewachsene Dornfortsätze (Kissing Spines) uvm. Auffällig ist ebenfalls der beinahe quadratisch gezüchtete Brustkorb, der sich über Generationen, wie die gestauchte und verkürzte Wirbelsäule, der falschen Selektion angepasst hat. Diese Hündin kann aufgrund organischer Beschwerden nicht operiert werden und muss ihre immer wieder anfallenden Schmerzschübe mit angepasster Medikation und Ruhe überbrücken. Diese Hündin wurde 2-jährig nach ihrem ersten Kaiserschnitt und "Welpenernte" verkauft. Und das ganz offiziell nicht über windige Vermehrerquellen, sondern in der FCI mit uneingeschränkten Papieren für Hündin und Nachzucht!

 

 

Vorröntgen der Welpen

Jeder seriöser Züchter wird auf Wunsch oder vielleicht sogar freiwillig ohne Aufforderung seine Welpen vor Abgabe an die neuen Besitzer vorröntgen lassen. Dies kann für die erste Beurteilung nützlich sein, um zu sehen, ob die Wirbelsäule bereits durch Knicke oder Fehlbildungen im Verlauf verformt ist. Eine Freiheit von Keilwirbeln aber kann nur eine Momentaufnahme sein, da die Wirbel noch nicht vollständig entwickelt sind. Ein erfahrener Radiologe wird bei der Vorauswertung beratend zur Seite stehen, wenn es um die Auswahl eines Zuchttieres geht.

Vielen Dank an die Bullyfreunde, die uns die Bilder zur Verfügung stellen!

 

Kleine Info zur Degenerativen Myelopathie

 

Dr. Kai Rentmeister erklärt die Keilwirbelproblematik

Einleitung, Ursachen:

Keilwirbel gehören zu den angeborenen Mißbildungen der Wirbelsäule, entstehen also nicht durch falsche oder übermäßige Bewegung beim (Jung-)Hund. Neben anderen vererbten Mißbildungen wie Blockwirbel, Schmetterlingswirbel und Übergangswirbel sind sie die häufigste Form der mangelhaften Wirbelkörperausbildung beim Hund.

Es wird diskutiert, daß sich Keilwirbel aufgrund einer genetisch bedingten mangelhaften Entwicklung oder mangelhaften Durchblutung der Verknöcherungskerne einzelner Wirbelkörpervorstufen („Somiten“) während der Embryogenese (= fetale Entwicklung) ausbilden.

Betroffene Rassen:

Regelmäßig betroffen sind vor allem Hunderassen mit korkenzieherähnlichem Schwanz (sog. „screw-tailed breeds“), wobei der deformierte Schwanz selbst aus Keilwirbeln (und anderen Wirbelmissbildungen besteht). Folgende Rassen haben sehr häufig Keilwirbel:

  • Mops
  • Englische Bulldogge
  • Französische Bulldogge
  • Pekingese
  • Boston Terrier

In einzelnen Fallberichten sind Keilwirbel auch bei anderen Hunderassen beschrieben worden (z.B. Rottweiler, Westhighland White Terrier, Foxterrier, Yorkshire Terrier, Beagle, Deutsch-Kurzhaar).
Häufigkeit:
Keilwirbel können einzeln oder mehrfach auftreten, wobei häufig mehrere Keilwirbel direkt nebeneinander zu finden sind. Klassischerweise finden sich Keilwirbel in der mittleren (Th7-9) und etwas seltener in der hinteren Brustwirbelsäule (Th10-13). Es liegen allerdings keine umfangreichen Studien über die prozentuale Häufigkeit bei einzelnen Rassen vor.

Anmerkung: die Abkürzung „Th“ bedeutet Thorakalwirbel (= Brustwirbel), ein gesunder Hund hat 13 Brustwirbel.

Symptome:

Während die meisten Patienten mit Keilwirbeln keine klinischen Symptome zeigen, entwickeln - zumindest im Vergleich zu anderen Wirbelkörpermissbildungen - überdurchschnittliche viele Hund mit Keilwirbeln neurologische Ausfälle.

Diese sind charakterisiert durch Schmerzen, progressive Gehstörungen der Hinterhand mit Ataxie (schwankender Gang) und Lähmungserscheinungen, im fortgeschrittenen Krankheitsstadium auch mit Lähmungen von Blase und Enddarm (Inkontinenz). Die neurologischen Ausfälle werden typischerweise in einem Alter von ca. 6 Monaten bis eineinhalb Jahren beobachtet und verschlechtern sich in der Regel langsam progressiv über mehrere Monate.

Ursachen für die neurologischen Ausfälle sind:

  • fortschreitende Wirbelsäulenfehlstellung (Abknickung) wie Kyphose (Buckel nach oben, siehe Bild 1), seltener auch Lordose (Eindellung der Wirbelsäule) oder Skoliose (Krümmung der Wirbelsäule zur Seite)
  • primäre Einengung des Wirbelkanals durch die fortschreitende Wirbelsäulenfehlstellung mit Rückenmarkskompression
  • sekundäre Einengung des Wirbelkanals durch Instabilität im Bereich der Keilwirbel. Der Körper versucht diese Instabilität auszugleichen, was zu einer Verdickung der Bandstrukturen der Wirbelsäule und im Wirbelkanal führt, ebenso zu einer Verdickung der kleinen Wirbelgelenke. Diese Verdickungen führen zu einer fortschreitenden Einengung des Wirbelkanals mit Kompression des Rückenmarks. Bei chronischen Patienten hat das Rückenmark oft nur noch 50% des normalen Durchmessers.
  • Selten: Luxation (Verschiebung, „Auskugelung“) zwischen 2 Keilwirbeln durch ein plötzliches Trauma (Sprung, Sturz).
  • Wichtig: die Wirbelkörperendplatten und Bandscheiben sind in der Regel normal ausgebildet, teilweise aber auch degeneriert (neuere Veröffentlichung mit Kernspintomographie an drei betroffenen Hunden). Lähmungserscheinungen bei Patienten mit Keilwirbeln durch Bandscheibenvorfälle sind extrem selten!

Diagnose:

Keilwirbel können durch Röntgenaufnahmen in Seiten- und Rückenlage einfach festgestellt werden. In der Regel ist keine Narkose oder Sedation für die Durchführung der Röntgenaufnahmen nötig. Bei Patienten mit neurologischen Störungen müssen allerdings weiterführende Untersuchungen in Vollnarkose vorgenommen werden wie Myelographie (Röntgenkontrastdarstellung des Rückenmarks), Computertomographie oder Kernspintomographie. Diese Untersuchungen sind nötig, um die Schwere, Art (Instabilität oder nicht?) und Stelle (Lokalisation) der Rückenmarksschädigung festzustellen.

Wichtig: zeigen Patienten Lähmungserscheinungen, sollten diese sobald wie möglich ausführlich und gründlich untersucht werden. Je länger die Lähmung besteht, desto schlechter sind die Chancen auf eine Heilung.

Therapie:

Die Behandlung ist abhängig von den Ergebnissen der diagnostischen Untersuchungen. Patienten mit nur leichtgradigen neurologischen Defiziten können nur im Anfangsstadium (!) konservativ, d.h. mit Medikamenten behandelt werden. Zeigt sich keine Besserung oder verschlechtern sich die Lähmungserscheinungen, so ist bald eine Operation notwendig.

Der Art des chirurgischen Eingriffes ist abhängig von der Ursache der Rückenmarkskompression (statisch oder dynamisch).

  • Bei statischen Rückenmarkskompressionen (d.h. mit stabiler Wirbelsäule), kann eine Entlastung des Rückenmarks durch die begrenzte Öffnung des Wirbelkanals erfolgreic sein. Hierzu wird ein Teil des Wirbelkörperdaches entfernt um dem Rückenmark Platz zu schaffen.
  • Bei dynamischen Läsionen (mit Instabilität) muß die Wirbelsäule mit Schrauben stabilisiert werden, was im Bereich der Brustwirbelsäule einen sehr aufwendigen chirurgischen Eingriff darstellt.

Prognose:

Die Prognose ist abhängig von der Dauer und der Schwere der Symptome.
Generell gilt: je länger die Symptome bestehen und je schwerer die Lähmungserscheinungen sind, desto schlechter sind die Erfolgsaussichten.

Prophylaxe (Vorbeugung):

Im Sinne der Rassegesundheit und aus Tierschutzgründen (Verhindern von Leid und Schmerzen beim Einzeltier) wäre eine Zuchthygiene wünschenswert. Hierzu sollten bei Zuchttieren rechtzeitig Röntgenuntersuchungen vorgenommen werden, um Patienten mit Keilwirbel zu identifizieren und gegebenenfalls aus der Zucht auszuschließen.

Nur diese Maßnahme kann dauerhaft verhindern, daß bestimmte Rassen von einer Krankheit „überrollt“ werden und einen schlechten Ruf bekommen. Züchter und Zuchtverbände sind gefordert zum Wohle und zum Fortbestand ihrer Rassen zu handeln.

 

Wir danken dem Verfasser :

Dr. Kai Rentmeister
Tierarzt, DiplECVN
Mainfrankenpark 16b
97337 Dettelbach
09302 – 93 22 10 (Tel)
09302 – 93 22 15 (Fax)

 

Gedanken zum Thema Keilwirbel von Züchterin Monja Balzer des Zwingers von Imekenthorp

Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

www.tierneurologie.de

Klicken Sie bitte diesen Link an, um die umfangreiche Begutachtung von über 100 Französischen Bulldoggen durch Susanne Meyer zu lesen.

Vorkommen und Erblichkeit von Keilwirbeln bei Hunden von Prof. Distl / Dr. Schlensker

Prevalence, grading an genetics of hemivertebrae by Prof. Distl / Dr. Schlensker

Hemivertebrae by Jan Grebe

Veröffentlichung der ÉCOLE NATIONALE VÉTÉRINAIRE D’ALFORT